2024-07-08
Tag 4 – nach Goslar
Heinrich 1824: Den andern Morgen mußte ich meinen Ranzen nochmals erleichtern, das eingepackte Paar Stiefel warf ich über Bord, und ich hob auf meine Füße und ging nach Goslar. Ich kam dahin, ohne zu wissen wie. Nur soviel kann ich mich erinnern: ich schlenderte wieder bergauf, bergab, schaute hinunter in manches hübsche Wiesenthal; silberne Wasser brausten, süße Waldvögel zwitscherten, die Herdenglöckchen läuteten, die mannigfaltig grünen Bäume wurden von der lieben Sonne goldig angestrahlt, und oben war die blauseidene Decke des Himmels so durchsichtig, daß man tief hinein schauen konnte bis ins Allerheiligste, wo die Engel zu den Füßen Gottes sitzen, und in den Zügen seines Antlitzes den Generalbaß studieren. Ich aber lebte noch in dem Traum der vorigen Nacht, den ich nicht aus meiner Seele verscheuchen konnte. Es war das alte Märchen, wie ein Ritter hinabsteigt in einen tiefen Brunnen, wo unten die schönste Prinzessin zu einem starren Zauberschlafe verwünscht ist. Ich selbst war der Ritter, und der Brunnen die dunkle Klausthaler Grube
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ThomasMB - 15:00:25 | 4 Kommentare
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ThomasMB
Mir ging‘s ähnlich wie meinem Reisefreund Heinrich. „Ich kam dahin, ich weiß nicht wie“, sagt er. Bergauf, bergab ging es durch den Harz, bis ich endlich Goslar erreichte. Damals zu Heines Zeiten war der Harz blankgefegt, weil man das Holz für den Grubenbau brauchte. Heute ist der Harz wieder blankgefegt, weil der Borkenkäfer das Holz zerfressen hat. Es ist nicht ganz richtig, dass ich ganz dahinkam, denn ich wurde circa 2 km oberhalb Goslars am Maltermeister Tor eingeladen – von Dagmar! – die bereits unsere Unterkunft bei Viola bezogen hatte: ein kleines Hinterhäuschen direkt in Goslars Zentrum. Mehr an km hätte ich tatsächlich auch nicht mehr geschafft. Unser Abendessen in der „Butterhanne“ war nicht so gut, jedenfalls für Dagmar!. Es kann aber nicht daran gelegen haben, dass an diesem Tag ein EM-Deutschland-Spiel war. Call it a Day.
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Dieter
Hast Du auch Deinen Ranzen erleichtert und Deine Stiefel über Bord geworfen ?
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ThomasMB
Aha, Herr W. aus B. nahe HH. Nein, meine Stiefel sind mein Ein und Alles. Würde ich nie „über Bord werfen“. Waren beim Heinrich wahrscheinlich ein gebrauchtes Altpaar. Heinrich war sowieso ein „Erleichterer“, der so wenig wie möglich schwer nahm. Da kann ich noch viel von lernen. Allerdings verendete er jämmerlich noch nicht mal 60jährig und ich bin schon 64. Es war sicher anstrengend in seiner Zeit unkonventionell zu sein. Aber gilt das nicht für alle Zeiten?
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Klaus
Edler Wanderer,
Nun ist mein Herz voller Erleichterung, da Du Deine Reise durch den Harz fortgesetzt hast und auch wieder Lust empfandest, uns davon zu berichten. Welch ein Glück, dass Deine holde Gemahlin Dagmar kurz vor Goslar Deiner harrte, um Dir womöglich den Schmerz in Füßen und Gelenken durch eine liebevolle Massage zu lindern, damit Du am nächsten Tage Deine Wanderung fortsetzen könntest. Mit freudiger Erwartung harre ich Deiner weiteren Berichte.
Euer treuer Freund
Klaus
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